Von Martin Frischknecht
Als Professor leitet er eine Fachstelle für neurobiologische Präventionsforschung und ist Autor von Studien und Fachbüchern zur Hirnentwicklung. Zugleich und hauptsächlich ist Gerald Hüther ein warmherziger, nahbarer Mensch, einer, der Dinge beim Namen nennt und andere inspiriert.
SPUREN: Herr Hüther, Sie haben sich ausgiebig mit den Bedingungen beschäftigt, unter denen es dem Menschen, namentlich in der Kindheit, gelingt, sein Potenzial zu entfalten. Haben Sie persönlich in Ihrem Leben einfach ein gutes Los gezogen, dass Ihnen das in der Kindheit weitgehend möglich war?
Gerald Hüther: Sicherlich gehört da auch Glück dazu. Ich bin in Thüringen in der ehemaligen DDR auf einem Hof mit Wassermühle grossgeworden. Wir waren an die zehn Cousins und Cousinen und lebten in altersgemischten Spielgruppen, die sich die Welt mehr oder weniger selber erschlossen, ähnlich wie Astrid Lindgrens Bullerbü. Da lernt man natürlich unglaublich viel, nicht so sehr von den Erwachsenen oder im „Frühförderunterricht“, sondern von den älteren Kindern, die sich schon etwas besser auskennen. Man ist in diesen Gruppen sehr stark verankert, weiss, dass man gebraucht wird “ jeder auf seine Weise. Der Dreijährige hat eine genauso wichtige Funktion wie der Fünfzehnjährige, weil jeder auf seine Weise etwas zu dem Spass und zu der Freude beitragen kann, die man zusammen hat. Manch eine Aufgabe lässt sich nur gemeinsam bewältigen. Das sind schon sehr günstige Voraussetzungen, wie sie viele junge Menschen in dieser Form heute kaum mehr finden.
Das Buch von Gabriel Looser “Wohin geht die Seele?“ behandelt eine uralte Frage der Menschheit. Ein erster Teil wendet sich überlieferten Traditionen zu (Juden-, Christentum und Islam sowie dem tibetischen Buddhismus, dem alten Ägypten und den Mayas) und findet hier bedeutsame, oft bis heute gültige Aussagen über unser Menschsein. Im zweiten Teil geben Nahtod-Erfahrungen Einblicke in das, was Menschen im Sterben erleben. Immer wieder stellt sich aber die Frage, was uns alte Traditionen noch sagen können, oder wo wir für uns heute neue, eigene Antworten finden müssen.
Nach einem schweren Unfall entzog sich Joe Dispenza den Ärzten und fand einen eigenen Weg der Heilung. Seitdem lehrt er den richtigen Gebrauch des Hirns.
Von Martin Frischknecht
Ein Auftritt im enorm erfolgreichen Dokumentarfilm What the Bleep Do We (K)now? stellte ihn ins Scheinwerferlicht der spirituellen Szene. Joe Dispenza sprach in der Atmosphäre eines Wohnzimmers vor prasselndem Kaminfeuer davon, wie er sich morgens nach dem Aufstehen seinen eigenen Tag erschaffe. Er lade das Wunderbare in sein Leben ein, versenke sich im Voraus mental in Szenen, von denen er sich wünsche, dass sie geschehen mögen, und bedanke sich auch bereits für deren Eintreten, als ob das alles schon erfahrene Wirklichkeit sei.
Während er mit grosser Selbstverständlichkeit von dieser Art meditativ-magischer Praxis erzählte, strahlte der amerikanische Chiropraktiker, als habe er die Sache eben erst für sich entdeckt. Sein Gesicht leuchtete wie das eines Jungen beim Auspacken der Weihnachtsgeschenke.
Auch bei seinem Auftritt diesen Herbst in Basel, wo er einen Vortrag hielt und einen Wochenendworkshop leitete, war Joe Dispenza erfüllt von innerem Feuer. Diesmal trug er es weniger auf seinem Gesicht, als dass es in ihm brannte. Der athletisch gebaute, blonde Mann von unbestimmtem Alter war für den Anlass eigens von Amerikas Westküste her eingeflogen, wo er im US-Staat Washington im Kreise seiner Familie auf einer ausgedehnten Farm lebt mit über einem Dutzend Pferden. Energisch schritt er die Reihen der rund siebzig Kursteilnehmer ab und forderte diese auf, sich hier und jetzt ihrer wahren Grösse und ihrer Möglichkeiten bewusst zu werden: «Ihr seid Genies, das dürft ihr nicht vergessen. Und jetzt wendet ihr euch dem Genie an eurer Seite zu und erklärt diesem, was ihr soeben erfahren habt. »
Dabei ging es um das unerschöpfliche Potenzial des menschlichen Geistes und wie es dem Einzelnen möglich sei, dieses für sich und den Fortgang der Evolution zu nutzen. Durch gezielte Meditation sei der Frontallappen, der evolutionsgeschichtlich jüngste und menschlichste Teil des Hirns, dazu zu bringen, die Leitung im Konzert der Hirnareale zu übernehmen. Die meisten Menschen liessen sich von ihren Emotionen leiten, und das führe dazu, dass sie immer wieder in die alten Muster zurückfielen, da Emotionen an die Vergangenheit binden.
«Break the habit of being yourself “ brich mit der Gewohnheit, dich selber zu sein! », lautet Dispenzas eingängige Aufforderung an die um ihn versammelten Genies. Das kommt gut an. Auf die Dauer wird aber auch klar, dass es für die Teilnehmer nicht ganz einfach ist, mit dem in flotter Kadenz vorgebrachten Schwall an Informationen und Anregungen zurechtzukommen. Eine geführte Meditation verschafft eine Atempause und hilft, selber zu erfahren, was dieser Vordenker der Evolution mit seinen Ausführungen meint. Am Samstagabend nach dem ersten Kurstag setzte sich Joe Dispenza mit uns ins Freie und stand für Fragen zur Verfügung. Jetzt war auch wieder diese verschwörerisch eindringliche Stimme da, wie wir sie aus dem Film von ihm kennen.
Wir haben zum Ewigen keinen anderen Zugang als durch den Augenblick,
in dem wir leben. Herbert von Hoemer
Worauf konzentrieren wir uns? Auf Vergangenes, auf Künftiges? Oder auf den gegenwärtigen Moment? Es dürfte kein Zweifel bestehen, dass wir am meisten bei uns selbst sind, wenn wir aus der Gegenwart nicht abschweifen. Dann nehmen wir unseren Körper wahr, dann sind wir offen für sämtliche Geräusche, Gerüche und Eindrücke um uns herum. Dann fühlen wir. Dann sind wir erfüllt. Wir sind auch eingebettet. Wir sind – sofern wir dies annehmen können – geborgen im Hier und Jetzt, auf diesem Fleck unseres blauen Planeten im Universum. Inwiefern hat das etwas mit dem Ewigen zu tun? Nun, dieser Augenblick ist einer von unzählig vielen, die es seit Entstehen unserer Erde gab, die es auch künftig geben wird. Man kann diese Milliarden von Jahren und Erdumdrehungen eine Ewigkeit nennen.
Im Kontinuum der Menschheitsgeschichte haben wir als Individuum unseren eigenen Platz. Das darf uns mit Ehrfurcht für die ewige Lebenskette und zugleich mit Demut erfüllem. Während alles, woran wir denken, weiter nichts als Vorstellung bzw. Erinnerung ist, pulsiert das wahre Leben im jeweiligen Augenblick. Im Jetzt spüren wir es – und uns.
Quelle: @Imulse

«Wer soll das bezahlen, wer hat das bestellt? Wer hat so viel Pinke, Pinke, wer hat so viel Geld? » Jahr für Jahr liegt man sich in den Armen und singt dieses Lied. Es ist Karneval in Deutschland, viel Alkohol ist die Kehle runtergeflossen. Der Abend neigt sich dem Ende zu, das Fest ist aus. Nun heisst es auseinandergehen, und, ja, einer, einer mindestens wird die Zeche bezahlen müssen. Bevor es so weit ist, erheben sich die Gäste, sie hängen sich links und rechts bei ihren Nachbarn ein, dann singen sie fröhlich und ausgelassen von den Schulden, die beglichen werden sollen.
Das ist die sprichwörtliche deutsche Gemütlichkeit. Wenn in der kalten Jahreszeit die Vorräte knapp werden und die Kälte nicht weichen will, wird zusammengekratzt, was man noch hat, und es wird ein rauschendes Fest gefeiert. Einige Tage liegen Hinz und Kunz sich in den Armen. In der Nacht auf Aschermittwoch geht das Karnevalstreiben zu Ende. Nach dem Kehraus wird die Tristesse der langen Fastenzeit mit derselben Gelassenheit hingenommen, wie zuvor die Festfreude mitriss und begeisterte. All das geht vorbei, und es kehrt wieder. Im Tanz des Lebens.